Kath. Pfarrei St. Englmar
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Englmarisuchen im nationalen Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe

Das Englmarisuchen erfährt eine große Würdigung - Bewerbung der Trägergruppen zur Aufnahme in das nationale Verzeichnis als Immaterielles Kulturerbe war erfolgreich

Riesengroß ist die Freude in Sankt Englmar über die Nachricht der Deutschen UNESCO-Kommission und der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder: „Das Englmarisuchen wird mit sofortiger Wirkung in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.“  Die Liste umfasst 144 lebendige kulturelle Traditionen und Ausdrucksformen, die in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden, darunter etwa die Passionsspiele Oberammergau, die Tölzer Leonhardifahrt, der Further Drachenstich und die Landshuter Hochzeit als Vertreter aus der Region, „Die Kinderzeche“ zu Dinkelsbühl und der Rheinische Karneval. Das Englmarisuchen befindet sich nun also in sehr prominenter Gesellschaft. Im Gratulationsschreiben heißt es, das Englmarisuchen werde in der Gemeinde Sankt Englmar zu Ehren des Ortsheiligen mit großem Engagement erhalten. Das Fachkomitee würdigt, dass es Teilen der lokalen Bevölkerung ein Gefühl von Identität und Zusammenhalt vermittelt. Es lobt auch, dass die Auflagen im Rahmen der Rückstellung nach der ersten Bewerbungsrunde erfüllt und die Kritikpunkte im Antrag überarbeitet wurden. So wurden beispielsweise Aspekte in Bezug auf Diversität und Partizipation in der Antragsstellung weitergehend reflektiert. Positiv wird hervorgehoben, dass sich die Gemeinschaft der Kulturform um eine grundsätzliche Offenheit und eine dynamische Weiterentwicklung, beispielsweise für eine aktivere Teilnahme jüngerer Generationen, bemüht.
Bereits seit Anfang 2019 wurde in Sankt Englmar an diesem Erfolg gearbeitet. Da nämlich haben die Gemeinderäte Andreas Aichinger und Lukas Troiber im Gremium den Antrag gestellt, die Aufnahme des Brauchs in die bayerische Liste des Immateriellen Kulturerbes anzustreben. Schnell wurde ein Arbeitskreis um den Dorfhistoriker Josef Eidenschink (Meinstorfer) gebildet und man begab sich in das Bewerbungsverfahren. Josef Eidenschink, Landwirt und Autodidakt als Geschichtsforscher, der mit detaillierten Forschungen, Quellenstudium und Archivarbeit immer wieder neue Erkenntnisse rund um das Leben des Engelmari, die Genese des Englmarisuchens und die Historie des Ortes ans Licht der Öffentlichkeit befördert, hat mit seinem immensen Wissen einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg der Bewerbung geleistet.

Im Frühjahr 2020 kam dann die erfreuliche Nachricht – Das Englmari-Suchen wurde als einer von 13 Bräuchen neu in das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Mehr noch: Es wurde von der Expertenkommission sogar für das Bundesweite Verzeichnis vorgeschlagen. Das bedeutete für die Arbeitsgruppe, bis Oktober 2021 einen neuen Antrag auf Bundesebene zu stellen, der jedoch 2022 von der Expertenkommission „zur Überarbeitung zurückgestellt“ wurde. Die Englmarer mussten also einige Fragestellungen neu überarbeiten. So etwa war darzulegen, dass dieser religiös geprägte Brauch ausreichend offen gegenüber einer Beteiligung von allen Interessierten ist, die beispielsweise nicht dem christlichen Glauben angehören. Auch die Frage, inwiefern die Trägergruppen einer dynamischen Weiterentwicklung gegenüber offen sind, war zu erörtern. Zum Procedere gehörte auch eine Anhörung der antragstellenden Trägergruppen Förderverein, Trachtenverein und Pfingstltuscher vor der Expertenkommission, an der neben den Vorsitzenden des Fördervereins, Ortspfarrer Pater Simeon Rupprecht und Bürgermeister Anton Piermeier der Initiator Andreas Aichinger, Trachtler-Vorsitzender Alfons Venus, Pfingstltuscher-Chef Florian Piermeier und Tourist-Info-Leiterin Astrid Piermeier, die für die redaktionelle Umsetzung zuständig war, teilnahmen.
Die Englmarer blieben gelassen: Durch die lange Tradition als Wallfahrts- und Tourismusort ist in allen Trägergruppen eine vorurteilsarme und aufgeschlossene Weltanschauung verbreitet, die eine dynamische Weiterentwicklung des Brauchs immer zugelassen hat und dies auch in Zukunft tun wird. Die Teilnahme steht seit jeher Männern und Frauen gleichermaßen offen. Dies ist nicht bei allen Bräuchen in Bayern, man denke an den Kötztinger Pfingstritt, der Fall. Rund um den religiösen Kern haben sich eine Reihe von Traditionen und Bräuchen entwickelt, die bis in die jüngste Zeit, trotz sich wandelnder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, gepflegt und weiterentwickelt werden – getreu dem Sinnspruch „manchmal muss sich auch etwas ändern, damit alles so bleibt wie es ist“.
Beim Englmarisuchen wirken neben den zentralen Trägergruppen, Förderverein, Heimat- und Volkstrachtenverein und Pfingstltuscher, nahezu alle Ortsvereine mit und trotz fortschreitender Säkularisierung beteiligt sich ein Großteil der Bevölkerung, vor allem auch die junge Generation. Der Brauch steht also auf einem gesunden gesellschaftlichen Fundament.
Die Auszeichnungsveranstaltung und feierliche Urkundenübergabe zur Ehrung der Neuaufnahmen in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes findet voraussichtlich am 29. Juni 2023 in Potsdam statt. Die Englmarer selbst und alle Freude des Englmarisuchens werden allerdings schon am Pfingstwochenende Zeit finden, diese besondere Auszeichnung gebührend zu feiern.

Bild: Trachtler-Vorsitzender Alfons Venus, 1. Bürgermeister Anton Piermeier, Ortspfarrer Pater Simeon Rupprecht, OPraem, stellv. Landrat und 2. Bgm. Andreas Aichinger und Ortshistoriker Josef Eidenschink.
hinten: Pfingstltuscher-Chef Florian Piermeier, Gemeinderat Lukas Troiber und TI-Leiterin Astrid Piermeier vor der Pfarrkirche am Englmari-Brunnen.

 

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